Frontex, Pesco und EU-Armee - oder zivile Alternativen zur EU-Aufrüstung?
11. Mrz 2020
Vom 28.-29. Februar 2020 fand in Stuttgart die 14. Strategiekonferenz der Kooperation für den Frieden unter dem Titel "Fontex, Pesco und EU-Armee – oder zivile Alternativen zur EU-Aufrüstung?" statt. Hier der Konferenzbericht von Renate Wanie (Werkstatt für Gewaltfreie Aktion Baden), der in Auszügen auch in pax info 70 (April 2020) sowie im Friedenforum 3/2020 erscheint.
Die Entscheidung, Europa zum Thema der Strategiekonferenz zu machen, so Jens-Peter Steffen, Sprecher der Kooperation für den Frieden, in seiner Begrüßung, habe sich 2018 in Heidelberg auf einem Werkstatt-Treffen entwickelt. Die Richtung hieß ein "Friedensprojekt Europa". Denn die militärische Aufrüstung der EU erhält wenig Beachtung. Fast alle EU-Staaten verpflichten sich z.B. regelmäßig ihre Verteidigungsausgaben zu erhöhen und sich an gemeinsamen Rüstungsprojekten zu beteiligen. Damit wird PESCO, die "Ständige Strukturierte Zusammenarbeit" zum Herzstück der "Gemeinsame Sicherheit und Verteidigungspolitik" (GSVP) der EU. Mit dem Titel "Frontex, Pesco und EU-Armee – oder zivile Alternativen zur EU-Aufrüstung?" wurde auf der 14. Strategiekonferenz der Kooperation die Militarisierung der EU-Politik analysiert sowie Visionen und zivile Alternativen diskutiert.
Märkte, Macht und Muskeln
Zunächst analysierte Dr. Thomas Roithner, Friedensforscher und Privatdozent an der Universität in Wien, Elemente der Sicherheits- und Friedenspolitik der EU und der Rolle Deutschlands. Dabei wies er auf neue Formen der Politik hin, mit der moderne Staaten nicht mehr ein Territorium direkt besetzen, um es zu kontrollieren. Geopolitik werde mehr und mehr von geoökonomischen Instrumenten, d.h. von wirtschaftlichen Investitions- und Absatzstrategien für Rohstoffe und der Rüstungsindustrie, bestimmt. Wirtschaftliche und politische Spielregeln konkurrieren, die militarisierte Machtausweitung bestimme die globalisierte Welt. Es werde beispielsweise nicht mehr von Rüstungsprojekten gesprochen, sondern von Industrieprojekten. Auf die Frage eines Abgeordneten zur Aufstockung des Militärhaushaltes im EU-Parlament, weshalb es keine Erhöhung der zivilen Projekte gebe, sei u.a. die Antwort gewesen, Projekte im Rahmen der zivilen Krisenprävention gehen zu langsam! Über die derzeitige Politik in Österreich sprach Roithner von einer "Versicherheitlichung", wo z.B. zunehmend Aufgaben der Polizei vom Bundesheer übernommen werden. "Zivile Probleme brauchen jetzt zivile Lösungen und keine Militarisierung". Als globales Beispiel nannte Roithner die militärische Bekämpfung der Piraterie am Horn von Afrika, an der auch EU- und NATO-Missionen sowie Russland und die USA mit immer wieder neuen Begründungen zur Sicherheit permanent präsent seien. Das habe jedoch offenkundig mit der geostrategischen Lage und den Öltransporten, weniger mit dem Kampf gegen die Piraterie zu tun habe. Abrüstung, zivile Krisenprävention oder Vermittlung seien vergeblich in den EU-Papieren zu finden.
Den vollständigen Konferenzbericht von Renate Wanie sowie das Tagungsprogramm finden Sie rechts im Download-Bereich.